Was ist eine Abgeschlossenheitsbescheinigung? – Alles, was Sie wissen müssen
Wer sich mit dem Verkauf, der Aufteilung oder dem Kauf von Eigentumswohnungen beschäftigt, stößt früher oder später auf einen zentralen Begriff im Wohnungseigentumsrecht: die Abgeschlossenheitsbescheinigung. Doch was genau steckt hinter diesem Begriff? Wofür wird sie benötigt? Und wie erhält man sie?
In diesem Beitrag erklären wir Ihnen alles Wissenswerte rund um die Abgeschlossenheitsbescheinigung – verständlich, praxisnah und auf den Punkt gebracht.
🔍 Definition: Was ist eine Abgeschlossenheitsbescheinigung?
Die Abgeschlossenheitsbescheinigung ist ein amtliches Dokument, das bestätigt, dass bestimmte Räume in einem Gebäude baulich voneinander getrennt und eigenständig nutzbar sind. Sie ist eine der Grundvoraussetzungen, um Wohnungseigentum (WEG-Eigentum) zu begründen – also einzelne Wohnungen oder Einheiten innerhalb eines Gebäudes rechtlich getrennt zu verkaufen oder zu besitzen.
Das bedeutet: Nur mit einer Abgeschlossenheitsbescheinigung kann ein Haus oder ein Mehrfamilienhaus in einzelne Eigentumswohnungen oder Gewerbeeinheiten aufgeteilt werden.
🏢 Wofür braucht man eine Abgeschlossenheitsbescheinigung?
Die Abgeschlossenheitsbescheinigung ist notwendig für:
- ✅ Begründung von Wohnungseigentum (WEG)
- ✅ Teilung eines Mehrparteienhauses in einzelne Eigentumseinheiten
- ✅ Eintragung ins Grundbuch als eigenständige Wohnung oder Einheit
- ✅ Verkauf einzelner Wohnungen oder Gewerbeeinheiten
- ✅ Finanzierung über Kreditinstitute (z. B. bei Bauträgern)
Ohne diese Bescheinigung kann z. B. ein einzelnes Stockwerk nicht separat verkauft werden, selbst wenn es baulich vollständig vom Rest des Hauses getrennt ist.
⚙️ Voraussetzungen: Wann ist eine Einheit „abgeschlossen“?
Für die Ausstellung der Abgeschlossenheitsbescheinigung gelten folgende bauliche Anforderungen:
- Die Einheit (z. B. Wohnung oder Büro) muss durch Wände und Decken vollständig von anderen Einheiten abgetrennt sein.
- Jede Einheit muss über einen eigenen, abschließbaren Zugang (z. B. Wohnungstür) verfügen.
- Bei Wohnräumen muss ein eigenes Bad/WC sowie eine Kochgelegenheit vorhanden sein.
- Gemeinsame Bereiche (z. B. Flur, Heizraum, Treppenhaus) werden als gemeinschaftliches Eigentum ausgewiesen und nicht in die Abgeschlossenheitsbescheinigung einbezogen.
Hinweis: Auch Nebenräume wie Kellerabteile, Garagen oder Dachböden können in die Abgeschlossenheitsbescheinigung aufgenommen werden – allerdings nur, wenn sie klar einer Einheit zugeordnet sind.
📝 Wie wird die Abgeschlossenheitsbescheinigung beantragt?
Die Ausstellung erfolgt durch die Baubehörde des jeweiligen Bundeslands bzw. der Gemeinde – meist das Bauamt oder das Amt für Wohnungswesen. In Niederösterreich z. B. über die jeweilige Bezirkshauptmannschaft.
📄 Benötigte Unterlagen:
- Antrag auf Abgeschlossenheitsbescheinigung
- Aufteilungsplan (vom Architekten oder Planer), meist im Maßstab 1:100
- Lageplan des Grundstücks
- Grundbuchauszug
- Nachweise über die Zuordnung von Nebenräumen (z. B. Keller, Stellplatz)
💰 Was kostet eine Abgeschlossenheitsbescheinigung?
Die Kosten variieren je nach Bundesland, Gemeinde und Aufwand, in der Regel jedoch:
- Verwaltungsgebühr: ca. 100–300 €
- Planerstellung durch Architekt oder Bauzeichner: je nach Aufwand, oft mehrere hundert Euro
- ggf. notarielle Beglaubigungen oder Grundbuchseintragungen: zusätzliche Kosten
Tipp: Wer ein Mehrfamilienhaus aufteilen und einzelne Wohnungen verkaufen möchte, sollte die Gesamtkosten frühzeitig kalkulieren – idealerweise mit professioneller Begleitung.
🧩 Unterschied: Abgeschlossenheitsbescheinigung vs. Teilungserklärung
Diese beiden Begriffe werden oft verwechselt:
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Abgeschlossenheitsbescheinigung |
Teilungserklärung |
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Technisch/baulicher Nachweis |
Rechtliche Aufteilung |
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Wird von der Baubehörde ausgestellt |
Wird beim Notar erstellt |
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Voraussetzung für die Teilung |
Voraussetzung für die Eintragung im Grundbuch |
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Bezieht sich auf die bauliche Trennung der Einheiten |
Regelt u. a. Miteigentumsanteile, Sondernutzungsrechte |
Beide Dokumente werden benötigt, um Wohnungen rechtlich selbstständig im Grundbuch zu führen.
🏡 Praxisbeispiel: Wann braucht man sie?
Ein typischer Fall aus der Praxis:
Familie S. besitzt ein altes Zinshaus im Weinviertel mit drei Etagen. Sie möchten die oberste Etage an den Sohn überschreiben und die anderen beiden vermieten.
Damit der Sohn rechtlich als Eigentümer seiner Wohnung gelten kann, muss das Haus aufgeteilt werden – mit Abgeschlossenheitsbescheinigung und Teilungserklärung.
Nur so ist eine Grundbucheintragung seiner Wohnung möglich – und eine spätere Finanzierung oder ein Verkauf wäre rechtlich abgesichert.
✅ Fazit: Warum ist die Abgeschlossenheitsbescheinigung so wichtig?
Die Abgeschlossenheitsbescheinigung ist ein zentraler Baustein im Wohnungseigentumsrecht. Sie sorgt für Rechtssicherheit, ermöglicht die individuelle Nutzung und Verwertung von Gebäudeteilen und bildet die Basis für Verkauf, Vermietung oder Vererbung einzelner Einheiten.
Gerade bei älteren Immobilien mit mehreren Wohneinheiten lohnt sich eine rechtzeitige Aufteilung – z. B. im Zuge eines Verkaufs, einer Sanierung oder im Erbfall.